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Die Digita­li­sie­rung stellt Unter­neh­men vor Heraus­for­de­run­gen, für die es keine Einheits­lö­sun­gen gibt.

Wer den Sprung Richtung Indus­trie 4.0 schaf­fen will, muss jetzt umden­ken, denn eines wird immer deutlicher:

Eine erfolg­rei­che Digita­li­sie­rung im Unter­neh­men schei­tert nicht an den techni­schen Möglich­kei­ten, sondern am Mindset.

Für Digita­li­sie­rung im Alltag gibt es viele Beispie­le, darun­ter Online-Shopping, bargeld­lo­se Zahlung und Naviga­ti­ons­sys­te­me für das Auto.

Sie sind das Ergeb­nis fachüber­grei­fen­der Forschung, Entwick­lung und Innovation.

Wenn es dagegen um Digita­li­sie­rung in Unter­neh­men geht, überwiegt häufig die Vorstel­lung, es würde sich um rein techni­sche Moder­ni­sie­run­gen handeln.

Als Folge werden Maßnah­men zum digita­len Wandel in Firmen häufig ohne eine übergrei­fen­de Strate­gie gestar­tet und scheitern.

Tabri­zi et. al. (2019) berufen sich auf eine Studie von McKin­sey & Compa­ny bei der festge­stellt wurde, dass 70 % aller Digita­li­sie­rungs-Initia­ti­ven ihre Ziele nicht erreichen.

Die Zahlen sprechen eine deutli­che Sprache — noch fehlt ein grund­le­gen­des Verständ­nis dafür, wie sich Digita­li­sie­rung definie­ren lässt und welche Chancen sie tatsäch­lich bietet.

Defini­ti­on Digitalisierung

Allge­mein wird Digita­li­sie­rung als Umwand­lung, Darstel­lung und Verar­bei­tung von analo­gen Werten bzw. Infor­ma­tio­nen mit Hilfe von Digital­tech­nik definiert.

Diese Begriffs­er­klä­rung ist eng verknüpft mit den Entwick­lun­gen im 20. Jahrhun­dert, als Infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gie in Produk­ti­on und Alltag Einzug hielt.

Im Vorder­grund standen zunächst die Automa­ti­sie­rung und Optimie­rung von Produktionsabläufen.

Neue Phase

Seit Anfang des 21. Jahrhun­derts wird der Begriff Digita­li­sie­rung weiter gefasst und von der voran­ge­hen­den „Compu­te­ri­sie­rung“ abgegrenzt.

Grund dafür ist die Erkennt­nis, dass die Auswei­tung und Verknüp­fung der bestehen­den Technik eine neue Phase der Indus­tria­li­sie­rung darstellen.

Hug (2019) spricht von einer Fortfüh­rung der digita­len Revolu­ti­on, auch bekannt als „Indus­trie 4.0“.

Indus­trie 4.0 und Digitalisierung

Wie tiefgrei­fend die digita­len Verän­de­rungs­pro­zes­se in der Arbeits­welt tatsäch­lich sind, wird erst bei einer Betrach­tung im histo­ri­schen Kontext deutlich.

Digitale Veränderungsprozesse in der Arbeitswelt

Der Begriff Indus­trie 4.0 wurde das erste Mal auf der Hanno­ver Messe im Jahr 2011 verwen­det und hat sich seitdem fest etabliert, um die indus­tri­el­len Trans­for­ma­ti­ons­pro­zes­se im Zusam­men­hang mit Cyber-physi­schen Syste­men zu beschreiben.

Inter­net der Dinge und CPS

Das Inter­net der Dinge (IdD) oder auf Englisch Inter­net of Things (IoT), bezeich­net die Vernet­zung von physi­schen Geräten, die über das Inter­net mitein­an­der kommu­ni­zie­ren können.

Cyber-physi­sche Syste­me (CPS) sind spezi­fi­sche Anwen­dun­gen des Inter­net der Dinge, die Software und Maschi­nen mitein­an­der verbinden.

Die Digita­li­sie­rung von Unter­neh­men umfasst die Verknüp­fung automa­ti­sier­ter Produk­ti­ons­pro­zes­se mit moder­ner Infor­ma­ti­ons- und Kommunikationstechnik.

Der Einsatz Cyber-physi­scher Syste­me ermög­licht die Steue­rung komple­xer Mecha­nis­men, sowie die Überwa­chung von Arbeits­pro­zes­sen in Echtzeit.

Basie­rend auf den gesam­mel­ten Infor­ma­tio­nen können CPS schnell und effizi­ent Aktio­nen ausfüh­ren, die z.B. der Geschäfts­lo­gik (Link…) eines Unter­neh­mens entsprechen.

Abgren­zung zu Indus­trie 3.0

Die Imple­men­tie­rung automa­ti­sier­ter Ferti­gungs­sys­te­me ging während der dritten indus­tri­el­len Revolu­ti­on für zahlrei­che Firmen mit großen techni­schen Verän­de­run­gen einher.

Das Beson­de­re an der vierten indus­tri­el­len Revolu­ti­on ist, dass es keine bemer­kens­wer­ten techni­schen Neuerun­gen gibt, sondern Infor­ma­ti­ons- und Kommu­ni­ka­ti­ons­tech­no­lo­gie gezielt einge­setzt wird, um Maschi­nen und Abläu­fe in der Indus­trie intel­li­gent zu vernet­zen.

Was bedeu­tet Digita­li­sie­rung für Unternehmen?

Für Unter­neh­men bedeu­tet Digita­li­sie­rung die Weiter­ent­wick­lung, Neukom­bi­na­ti­on und Erwei­te­rung bereits bestehen­der Struk­tu­ren mit Hilfe moder­ner Informationstechnologie.

Diese Trans­for­ma­ti­ons­pro­zes­se bewir­ken Verän­de­run­gen von Geschäfts­mo­del­len, die weit über den Bereich der Indus­trie hinausgehen.

Längst ist die vierte indus­tri­el­le Revolu­ti­on auch in anderen Branchen, wie Handel, Medizin und Telekom­mu­ni­ka­ti­on angekommen.

Ein prägnan­tes Beispiel ist der Wandel des Einzel­han­dels hin zu eCommer­ce und das damit verbun­de­ne „Laden­ster­ben“.

Diese struk­tu­rel­len Verän­de­run­gen finden sowohl auf wirtschaft­li­cher, als auch sozia­ler Ebene statt und werden weiter­hin ein großes Thema bleiben.

Chancen im Unter­neh­men erken­nen — Digita­li­sie­rung done right

Wenn Digita­li­sie­rung im Unter­neh­men, dann aber bitte richtig.

Was ist damit gemeint?

Nicht genutz­tes Potenzial

Tabrit­zi et. al. (2019) stellen fest, dass die meisten digita­len Techno­lo­gien defini­tiv Möglich­kei­ten zur Effizi­enz­stei­ge­rung und Verbes­se­rung der Kunden­nä­he bieten, aller­dings inner­halb der aktuell bestehen­den Organi­sa­ti­ons­struk­tu­ren vieler Firmen nicht optimal genutzt werden.

Eines der bekann­tes­ten Beispie­le für das Misslin­gen der Digita­li­sie­rung ist das ameri­ka­ni­sche Unter­neh­men Kodak.

Bereits 1975 wurde bei Kodak die erste tragba­re Digital­ka­me­ra entwickelt.

Obwohl inter­ne Berich­te im Jahr 1979 den vollstän­di­gen Wandel zur digita­len Fotogra­fie inner­halb der nächs­ten 30 Jahre antizi­pier­ten, verblieb der Firmen­fo­kus auf dem Vertrieb von analo­gem Foto-Film und der Herstel­lung von teuren Druckern.

Auch wenn die techni­sche Entwick­lung von Digital­ka­me­ras nicht vollstän­dig aufge­ge­ben wurde, gab es keinen Weitblick im Bezug darauf, wie diese neue Art der Fotogra­fie den Markt verän­dern könnte und letzt­end­lich auch getan hat.

Mit der Minia­tu­ri­sie­rung von Kamera­tech­nik und dem damit verbun­de­nen Aufstieg von Mobil­te­le­fo­nen wurde Kodak endgül­tig abgehängt.

Nicht außer­halb der Box gedacht

Obwohl die notwen­di­ge Technik vorhan­den war, erkann­te das Unter­neh­men die Effek­te der Digita­li­sie­rung nicht in einem erwei­ter­ten Kontext außer­halb der bereits vorhan­de­nen Produkt­pa­let­te, sowie das Poten­zi­al der Digital­fo­to­gra­fie insgesamt.

Das Inter­net sorgte dafür, dass weniger Bilder gedruckt und statt­des­sen auf Social Media gepos­tet wurden — ein Trend der sich bis heute hält.

Der ehema­li­ge Global Player und Kamera-Pionier musste im Jahr 2012 Insol­venz anmel­den und sein Kernge­schäft aufgeben.

Als Haupt­grün­de für diese Fehlein­schät­zun­gen gelten:

  • Mangeln­de Bereit­schaft zur Diver­si­fi­ka­ti­on der Produktpalette
  • Angst vor hohen Investitionskosten
  • Keine organi­sa­to­ri­sche Agili­tät inner­halb des Unternehmens
  • Versäum­nis sich neu zu erfinden

Umset­zung der Digita­li­sie­rung in Unter­neh­men — Fazit

Abschlie­ßend kann man schluss­fol­gern, dass die isolier­te Betrach­tung von Infor­ma­ti­ons- und Kommu­ni­ka­ti­ons­tech­nik eines der Haupt­pro­ble­me für das Schei­tern von Digita­li­sie­rungs­maß­nah­men in Unter­neh­men ist.

Digita­li­sie­rung ist grund­sätz­lich eine inter­dis­zi­pli­nä­re Angelegenheit.

(Resch, 2022, S.89)

Es bedarf fachüber­grei­fen­der Ansät­ze, um zu ergrün­den wie die Digita­li­sie­rung nicht nur techni­sche Aspek­te von Organi­sa­ti­ons­struk­tu­ren verän­dert, sondern auch unser grund­sätz­li­ches Verständ­nis von Arbeit.

Welche Unter­neh­men profi­tie­ren von der Digitalisierung?

Grund­sätz­lich kann jedes Unter­neh­men von der Digita­li­sie­rung profitieren.

Die Basis ist:

  • Firmen­ab­läu­fe in einem größe­ren Gesamt­kon­text sehen zu können
  • Offen­heit für Innovation
  • Diffe­ren­zier­te Betrach­tung bestehen­der Unternehmensstrukturen
  • Organi­sa­to­ri­sche Agilität
  • Kunden­ori­en­tier­te digita­le Abbil­dung der Produkte

Digita­li­sie­rung ist kein Aufwand, der sich lohnen soll, sondern vielmehr eine Notwen­dig­keit um ein Unter­neh­men zukunfts­si­cher zu machen.

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Quellen­ver­zeich­nis:

Antho­ny, S. D. (2016). Kodak‘s downfall wasn‘t about techno­lo­gy. https://hbr.org/2016/07/kodaks-downfall-wasnt-about-technology (Abgeru­fen am 04.07.2023)

Hug, H. (2018). Indus­trie 4.0: Histo­ri­sche Grund­la­gen, techni­sche Verän­de­run­gen, wirtschaft­li­che und sozia­le Auswir­kun­gen. Rinteln: Merkur Verlag.

Resch, M. (2022). Digital­wüs­te Deutsch­land: Kommu­ni­ka­ti­on per Fax, digita­le Bildungs­lü­cken — Wie die Verwei­ge­rung von mehr Digita­li­sie­rung die Zukunft unseres Landes bedroht. München: Wilhelm Heyne Verlag.

Stein­hoff, C. (o.D.). Aktuel­ler Begriff: Indus­trie 4.0. https://www.bundestag.de/resource/blob/474528/cae2bfac57f1bf797c8a6e13394b5e70/industrie‑4–0‑data.pdf (Abgeru­fen am 04.07.2023)

Tabri­zi, B., Lam, E., Girard, K. & Irvin, V. (2019). Digital trans­for­ma­ti­on ist not about techno­lo­gy. https://hbr.org/2019/03/digital-transformation-is-not-about-technology (Abgeru­fen am 04.07.2023)

Über den Autor

Rainer Lothmann

Rainer Lothmann ist Gründer, Unternehmer und Geschäftsführer. Mit DigiLOTH unterstützt er Unternehmen bei der Automatisierung Ihrer Geschäftslogik und Entwicklung von Konfiguratoren.

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